Objekt des Monats
Jedes Objekt in der Sammlung des Deutschen Auswandererhauses erzählt eine ganz persönliche Auswanderungs- oder Einwanderungsgeschichte. In dieser Rubrik stellen wir Ihnen jeden Monat ein anderes Objekt vor – eine Fotografie, ein Dokument oder ein persönliches Erinnerungsstück.
Januar 2026
Als Esperanza Relatado García 1984 von den Philippinen in Deutschland ankommt, erlebt sie das erste Mal Schnee.
Foto, 1984
Größe | 13 x 8,8 cm |
Material | Fotopapier |
Schenkung | Esperanza García |
Kurzbiographie
Als Esperanza Relatado García 1959 auf den Philippinen zur Welt kommt, erhält sie ihren Namen nicht zufällig: Ihre Mutter heißt Fe, ihre Zwillingsschwester wird Caridad genannt. Übersetzt bedeuten die drei Namen zusammen Glaube (Fe), Liebe (Caridad) und Hoffnung (Esperanza), was den theologischen Tugenden des Propheten Paulus entspricht. Esperanzas Zwillingsschwester stirbt schon als kleines Kind. Sie selbst wächst als jüngstes Kind in einem streng katholischen Haushalt auf. Entgegen ihren eigenen Interessen, beruflich in den medizinischen Bereich zu gehen, folgt sie dem Wunsch des Vaters und absolviert eine Hauswirtschaftsschule. Als junge Frau engagiert sie sich im politischen Widerstand gegen das Marcos-Regime. Aus Sorge um ihre kleine Schwester animieren ihre bereits im Ausland lebenden Geschwister sie 1984, die Philippinen zu verlassen.
Historische Einordnung
Auf den Philippinen regiert seit 1965 Ferdinand Marcos. 1969 wird er demokratisch wiedergewählt. Als eine erneute Wiederwahl unwahrscheinlich wird, verhängt Marcos 1972 das Kriegsrecht. Sein Regime schränkt Bürgerrechte ein, Oppositionelle werden verfolgt. Der Staat wird zu einer Diktatur umgebaut. Korruption und eine sich verschärfende soziale Ungleichheit belasten die Menschen, die nicht zur Regime-Elite rund um Marcos gehören. In den 1980er-Jahren wächst darum der gesellschaftliche Widerstand, an dem sich auch Esperanza beteiligt. Zwei Jahre, nachdem Esperanza die Philippinen verlassen hat, wird das Regime gestürzt.
36 Winter später: Esperanza Relatado García in Bremerhaven, 2021. Dieses Porträt ist auf der Fassade des Neubaus des Deutschen Auswandererhauses zu finden.
Bedeutung des Objekts
Für Esperanza bedeutet der Umzug nach Deutschland eine starke Veränderung nicht nur ihres sozialen und politischen Umfeldes, sondern auch des Klimas. Auf den Philippinen herrscht ein Jahresmittel von ca. 26 bis 27 Grad Celsius, 18 Grad werden normalerweise nicht unterschritten und insgesamt sind die Temperatur-Unterschiede über das Jahr hinweg gering. Es herrschen zwei Jahreszeiten: Eine Regen- und eine Trockenzeit. In Deutschland sind die Temperaturen in den vier Jahreszeiten dagegen sehr unterschiedlich. Esperanza erfährt bei Ihrer Ankunft Ende November 1984 das erste Mal, wie sich Schnee anfühlt: “Ich kann das gar nicht beschreiben. (...) Ein Gemisch von richtiger Freude, weil ich anfassen kann, was ich vorher nur in Büchern gesehen habe, oder in Filmen. Aber es ist so kalt!” Die Wärme der Philippinen vermisst Esperanza noch Jahre später. Zuhause aber fühlt sie sich schon lange in Deutschland.
Haben auch Sie …
… eine Aus- oder Einwanderungsgeschichte Ihrer Familie zu erzählen und möchten diese mit den dazugehörigen Objekten und Dokumenten dem Deutschen Auswandererhaus für seine Sammlung übergeben? Dann kontaktieren Sie bitte Dr. Tanja Fittkau unter der Rufnummer 0471 / 90 22 0 – 0
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